Der folgende Text ist ein Ausschnitt aus dem Buch:

Philosophie und Grundprobleme der modernen Astrologie

- Neues zu einem "alten" Thema -

von
Werner Spat
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Wenn wir in einem ethischen Universum leben, wird alles Geben und Nehmen genau verrechnet und hat gerechte Konsequenzen. Das heißt: Von jedem, der hier Information oder Unterhaltung bezieht, werde ich irgendwann irgendwie profitieren. Warum nicht so schnell wie möglich? (Dann sind Sie Ihre Schulden los - und ich habe schon im Diesseits etwas von meiner Arbeit.) Möglichkeiten, wie Sie das tun können, finden Sie auf folgender Seite:

https://werner-spa.tripod.com/de/anerkennung.html

Mit freundlichen Grüßen
Werner Spat / Werner Spa

P.S. Wer keine ethischen Schulden eingehen will, sollte nicht weiterlesen!


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Werner Spat

4. Diskussion der Ansprüche der Klassischen Astrologie

Welche Möglichkeiten gibt es, sich Mensch-Kosmos-Beziehungen vorzustellen? Wir wollen versuchen, so allgemein wie möglich zu argumentieren, um keine denkbare Alternative zu verlieren.

  Ausgangspunkt unseres Vorgehens muss wohl die Unterteilung des Universums in Menschenwelt und geozentrische Gestirnswelt sein. Die astrologische These besagt nun, dass es zwischen den Geschehen in beiden Welten Korrespondenzen gibt derart, dass wenn in der einen Welt das Ereignis x eintritt, die Wahrscheinlichkeit sich erhöht, bei genauer Beobachtung in der anderen ein ziemlich bestimmtes Ereignis y anzutreffen.

  Der naheliegendste Gedanke ist zweifellos, dass x und y nicht unabhängig voneinander sind, sondern dass eines von beiden Ereignissen irgendwie auf das andere bezogen ist - ein Zweites nach dem Ersten, vergleichbar dem Verhältnis von Abbild und Urbild. Im weitesten Sinn kann man das eine Interaktion zwischen Gestirns- und Menschenwelt nennen, oder einen Einfluss - weshalb diese Anschauung unter der Bezeichnung "Einfluss-Theorie" bekannt ist.

  Auszuschließen ist aber wohl, dass ein gegebener Charakterzug eines Neugeborenen darüber bestimmt, wo ein Planet sich aufhält. Die Richtung des Einflusses ist also von der Gestirnswelt auf die Menschenebene anzunehmen.

  Viele Astrologen denken sich die Gestirnsstände real oder formal als Kräfte, vergleichbar der Schwerkraft oder dem Magnetismus, nur mit dem Unterschied, dass sie nicht die Bewegung materieller Gegenstände, sondern Charakterzüge und eventuell spezifische Schicksalsläufe bewirken. Unterschiedlich ist die Einschätzung der Quantität dieser Kräfte. Ebertin hält sie für gleichwertig mit den Einflüssen von Umwelt, Erziehung und Erbanlagen und mit ihnen in Konkurrenz stehend, für andere Astrologen sind die astrologischen Kräfte von determinierender Allgewalt.

  Bedenkt man, dass die horoskopische Wirksamkeit eines Planeten nicht von seiner Größe, seiner Masse oder seiner Entfernung abhängig zu sein scheint, kommt auch ein informatorischer Ansatz anstelle eines energetischen in Frage.

  In diese Richtung geht eine gänzlich andere Facette der Einflusstheorie - die Einschaltungshypothese. Danach sind die Einflüsse der Planeten viel zu schwach, um selber irgendetwas zu erzwingen. Aber immerhin schaffen sie so etwas wie "Rahmenbedingungen" oder "Atmosphäre", nach denen sich die Lebewesen ihrem schon vorhandenen Wesen gemäß ausrichten. Das braucht nur ein einziges Mal, nämlich bei der Geburt, und dann nie wieder geschehen - wie es sich Gauquelin vorstellt; Abstimmungen des Organismus auf das Universum könnten aber auch andauernd vollzogen werden, wodurch Transitwirkungen zustandekommen - wie Ring meint.

  Auch die Natur der Übertragung des astrologischen Einflusses bzw. der astrologischen Information hat Anlass zu Spekulationen gegeben.   Meist wird eine Art "Strahlung", die von den Planeten ausgehen soll, angenommen. Bekannte und hypothetische physikalische Strahlen werden als Lösung vorgeschlagen: Elektromagnetische Wellen, Gravitationswellen, Neutrinostrahlen, Tachyonen, elektrische Stürme, Interaktionen zwischen den Magnet- und Schwerkraftfeldern der kosmischen Objekte innerhalb und außerhalb des Sonnensystems u.a. Sie breiten sich zumeist mit der Geschwindigkeit des Lichts aus. In Betracht gezogen wird aber auch ein Pendant zur vermutlich verzögerungsfreien Informationsübermittlung bei der parapsychischen Gedankenübertragung.

  Entweder bewirken die Planeten direkt und aktiv die Eigenschaften der Lebewesen, oder aber diese stimmen sich auf den Zeitpunkt gewisser Planetenstellungen ab. Außer einer Kombination beider Wirkprinzipien scheint es innerhalb der Einflusstheorie keine weitere logische Alternative zu geben.

  Neben der Einflusstheorie wird aber von alters her die sogenannte "Parallelitäts-Theorie" diskutiert. Sie leugnet nicht, dass vom Kosmos aufgrund physikalischer und vielleicht sogar paranormaler Strahlen und Kräfte oder Informationsübermittlungen Effekte auf die Erde und ihre Bewohner ausgehen - deutliche Zeichen dafür sind die mondbedingten Gezeiten, die Polarlichter in Perioden erhöhter Sonnenaktivität oder auch ganz einfach die Tatsache, dass sich die Mehrzahl der Menschen und Tiere von der Sonne morgens wecken lässt; alle diese Effekte fallen schon in den Bereich der Astrologie im weitesten Sinne, da es ihre einzige Aufgabe ist, Erde-Kosmos-Beziehungen aufzuspüren und zu erklären, wobei die Art des Zustandekommens dieser Beziehungen keine Rolle spielt. Doch behauptet die Parallelitätstheorie, dass es noch weit mehr und tiefergehende Korrespondenzen zwischen Erde und Kosmos gibt, als dass sie sich auf irgendwelche planetaren oder stellaren Einflüsse zurückführen ließen. Stattdessen betrachtet sie Menschenwelt und Gestirnswelt zu wesentlichen Teilen als unabhängig voneinander und jeweils nur den eigenen Gesetzmäßigkeiten gehorchend - gleichzeitig aber beide als zwei verschiedene Abbilder desselben dritten Urbildes! Unter diesem Dritten könnte man die implizite, eingefaltete Weltordnung David Bohms, eine "Qualität der Zeit", gewisse noch unbekannte universelle Naturgesetze, die platonischen Ideen, einen das Universum durchwehenden Geist oder irgendein anderes fundamentaleres Ur(sachen)prinzip vermuten. Sei dem, wie es sei - wesentlich ist vorerst nur der Gedanke, dass Mensch und Kosmos sich auf ein ihnen gemeinsam zugrundeliegendes Drittes beziehen. So wird es denkbar, dass zwischen der Ebene des Menschenschicksals und der der Gestirnsbewegungen sinnvolle Korrespondenzen auftreten - selbst im Falle, dass zu ihrer Begründung ausreichende Interaktionen zwischen Erde und Kosmos gar nicht stattfinden!

  Im Modell der Parallelität haben die Gestirnspositionen eine anzeigende Funktion inne. Ob diese grob ist oder so fein und deterministisch, dass jede Einzelheit des Horoskops sich im Persönlichkeitserleben niederschlägt, umgekehrt jeder Kleinigkeit des Schicksalsverlaufs eine Konstellation zugeordnet ist - dies hängt im wesentlichen mit davon ab, in welchem Grad Mensch- und Gestirnswelt Verwirklichung oder Entsprechung des hinter ihnen stehenden gemeinsamen Ursachenprinzips sind und welche Freiheit dabei herrscht.

  Kann es neben der Theorie des Einflusses und der der Parallelität noch weitere Denkmodelle geben, die die astrologischen Korrespondenzen verstehen lassen? Ich glaube nicht. Denn wenn das Geschehen x in der einen und das Ereignis y in der anderen Welt zusammenpassen und das nicht Zufall ist, dann erklärt sich das nur, wenn entweder x auf y oder y auf x - und sei es über mehrere Zwischenglieder - bezogen ist (Einfluss), oder aber, wenn beide ihren Grund oder Antrieb in einer gemeinsamen Ursache haben (Parallelität). Außer einer Kombination beider Ideen gibt es wohl keine weitere Denkmöglichkeit.

  In welchem Ausmaß beide Ansichten den Ansprüchen der Klassischen Astrologie genügen, wollen wir uns jetzt näher ansehen.

  Die Tradition geht davon aus, dass auch den Einzelheiten des Horoskops Bedeutsamkeit für Charakter und Schicksalsverlauf eines Geborenen zukommt. Das verträgt sich nicht mit irgendeiner Art von Einschaltungstheorie - sei sie nun Gauquelinscher oder Ringscher Prägung. Denn wie wir schon im letzten Kapitel gesehen haben: Ein schon vorhandener Wesenskern wird einfach nicht die ideal passenden Himmelskonstellationen finden und muss sich daher mit einer Annäherung begnügen.

  Mit dem Exaktheitsanspruch der Klassischen Astrologie ist auch die nichtdeterministische Einflusstheorie Ebertins, wonach der kosmische Faktor in Konkurrenz zu Umwelt und Erbanlagen steht, nicht zu vereinbaren, da auch aus ihr eine hochwahrscheinliche - mehr oder weniger große - Ungenauigkeit der astrologischen Konstellationen folgt.

  Nur die Einflusstheorie im engsten Sinne, wonach der kosmische Faktor durch die Umwelt und/oder Erbanlagen (hindurch) wirkt, und die Parallelitätstheorie versprechen beliebige Genauigkeit.

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Die Prognose hat es naturgemäß mehr mit Schicksal als mit Charakter zu tun. Philosophisch höchst bedeutsam ist dabei die Unterscheidung zwischen dem "Schicksal", das der Mensch auf irgendeine Weise - und sei es unbewusst - selbst provoziert und dem (echten) Schicksal, das als nicht-selbst-verursacht betrachtet werden muss. Die Differenzierung ist noch nicht sehr alt: Sie stammt von moderneren Autoren, die zumeist aus weltanschaulichen Gründen nur das selbstprovozierte Geschehen für aus dem Horoskop ablesbar halten. In früheren Zeiten machte man zwischen beiden Schicksalsarten keinen Unterschied. Im nächsten Kapitel werden wir allein aus theoretischen Erwägungen heraus eine Entscheidung zwischen beiden Ansichten zu treffen versuchen.

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In den Tierhoroskopen der höheren Arten liegt wohl kein prinzipielles Problem verborgen. Säugetieren und Vögeln kann man nicht nur ein Schicksal, sondern auch einen rudimentären Charakter zusprechen, der sie als individuell und von allen Artgenossen verschieden auszeichnet.

  Natürlich bedeutet dieselbe Konstellation für einen Delphin etwas völlig anderes als für einen Schimpansen und für diesen wieder etwas gänzlich anderes als für einen Papagei - die Eigentümlichkeit der Symbolnatur der astrologischen Objekte bringt es aber mit sich, dass alle Konstellationsauslösungen eine einsehbare Ähnlichkeit aufweisen. Oder anders ausgedrückt, aber wohl genauso wahr: dass in den Tieren jeweils die gleiche oder eine der eigenen Natur gemäße verwandte Gefühlslage -etwa Zufriedenheit, Angst, Aggression etc. - herrscht.

  In undurchschaubarere Bereiche gelangt die Horoskopie der Lebewesen, wenn sie sich den niedereren Arten der Tiere oder gar der Pflanzenwelt widmen will, weil hier von einem individuellen Charakter kaum mehr die Rede sein kann. Das in allen Bereichen der Astrologie immer erneut sich stellende Problem des richtigen Zeitpunkts der Horoskopberechnung tut sich hier besonders auf.

  Partnerschaftsanalysen wird man zwischen Exemplaren verschiedener Tierrassen kaum betreiben können. Denn wird ein Löwe auf seine Mahlzeit freiwillig verzichten, bloß weil die vor ihm grasende Gazelle zu seinem eigenen Radix nur die allerbesten Beziehungen aufweist?

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Eine eigenartige aber weitverbreitete Praxis ist, auch den meisten nichtlebendigen materiellen Objekten Horoskope zuzuweisen. In Frage dafür kommen insbesondere vom Menschen geschaffene Dinge und Gegenstände wie Schiffe, Häuser, Straßen oder Denkmäler.

  Ein persönlicher Charakter kann einem Gegenstand nicht zugeschrieben werden - worauf sonst bezieht sich dann das Horoskop, sofern seine Erstellung überhaupt Sinn macht? Auf den Verwendungszweck des Gegenstandes? Bei Einzelgegenständen wäre das vorstellbar, nicht jedoch bei Massengegenständen, die ja alle möglichen Horoskope tragen. Hier hilft vielleicht ein evtl. (abstraktes, kollektives) Horoskop der Sorte weiter; es könnte mit dem Horoskop des Einweihungs- oder des allerersten Exemplars identisch sein, welches dann eine Repräsentationsfunktion einnähme.

  Auch das äußere Erscheinungsbild oder andere formale Eigenschaften des Gegenstandes können nicht in seinem individuellen Horoskop stehen, wenn der Gegenstand ein Massenprodukt ist und verschiedene Exemplare derselben Sorte zu verschiedenen Zeiten hergestellt werden. Aber alle diese Eigenschaften könnten in dem Horoskop der Sorte und in den Horoskopen von Einzelgegenständen stehen!

  Sinn ergäbe es, das Schicksal des Gegenstandes in seinen Individual-Konstellationen zu vermuten, denn selbst für einen Massengegenstand ist dieses noch ziemlich individuell.

  Ebenfalls ungeklärt ist die Frage, ob auch nicht vom Menschen geschaffene Dinge - wie Steine, Berge, Seen - den astrologischen Regelmäßigkeiten unterliegen. Problematisch ist hier einmal wieder der entscheidende Horoskopaugenblick.

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Philosophisch hochinteressant ist die Klasse der "abstrakten Horoskope", die für Ehen, Verträge, Staaten, Firmen, Währungen, Unternehmungen aller Art, Entschlüsse, Ideen etc. erstellt werden. Alle diese Dinge sind nicht im gewohnten Sinne materiell, nichtsdestotrotz unterscheidet sich ihre astrologische Behandlung in nichts von der eines Menschenlebens. Was folgt daraus?

  In unserer westlichen Kulturauffassung machen wir eine scharfe Trennung zwischen den geraden genannten "Dingen" und Dingen wie Menschen, Tiere oder Gegenstände. Die letzteren fassen wir als objektiv existent auf, denn sie sind den Sinneserfahrungen zugänglich; die Objekte der ersten Gruppe hingegen können nur abstrakt, ideell wahrgenommen werden (auf eine Ehe kann man nicht mit den Fingern zeigen!) - Tiere hätten gar nicht die nötige Intelligenz dazu! Die meisten Abstrakta scheinen etwas Sekundäres nach den materiellen Dingen, etwas Abgeleitetes aus ihnen zu sein. Ist es möglich, die Gültigkeit der abstrakten Horoskope auf die Gültigkeit der "konkreten" zurückzuführen?

  Obwohl das nicht auszuschließen ist, darf man in der nächsten Zukunft mit einer solchen Reduktion nicht rechnen. Denn das Problem ist komplex und schwierig, und die Grundlagen, von denen ausgegangen werden müsste, sind bislang nicht bekannt.

  Die andere Möglichkeit ist, dass "aus kosmischer Sicht" (oder aus der Sicht des Mensch und Kosmos zugrundeliegenden Ursachenprinzips) kein Unterschied zwischen materiellen und abstrakten Dingen besteht, die einen nicht aus den anderen abgeleitet werden können und beide autark und gleich real sind.

  Das ist gar nicht soweit hergeholt. Denn analysiert man die Physiologie des Menschen näher, stellt er sich als ein hochkomplexer Zell-Staat heraus! Die Zellen erweisen sich wiederum als dichtes Beziehungsgeflecht großer Moleküle, und die wieder als Verbindungen von ebenfalls zusammengesetzten Atomen ... Es ist nicht gesagt, dass wir im Kleinsten tatsächlich irgendwann auf unteilbare materielle Bausteine stoßen: Die moderne Physik fragt sich inzwischen schon, ob sich nicht auch die bislang kleinsten bekannten Elementarteilchen, die Quarks, aus noch kleineren Teilchen konstituieren. Eine Reduktion auf Strukturen, Beziehungen, Vernetzungen, Funktionen und dynamische Aktivitäten - lauter Abstrakta! - immer kleinerer Materie- und Energieeinheiten ist nicht nur beim Menschen, sondern auch bei allen anderen "materiellen" Dingen möglich. Vertieft man sich in diesen Gedankengang, scheinen sich die Unterschiede zwischen materiellen und abstrakten Dingen aufzulösen.

  Mehr als jede andere Art werfen die abstrakten Horoskope auch praktische Probleme auf. Zumal bei der Prognose wird die Frage nach dem Berechnungsort laut. Als gutes Beispiel eignet sich das vereinigte Deutschland, wo die Regierung ihren Sitz von Bonn nach Berlin wechselt. Muss nun ebenso der Berechnungsort für die Solare des Landeshoroskops gewechselt werden - obwohl weder das Land noch das Volk als Ganzes ihren Platz dadurch verändern? Auf welchen Ort berechnet man das Solar eines Ehepaares, das am Ort A geheiratet hat, inzwischen nach B umgezogen ist und den Solartag getrennt an den Orten C und D verbringt? Oder können wir davon ausgehen, dass einige, wenn nicht alle Klassen von abstrakten Horoskopen aufgrund ihrer losen Beziehung zu einem materiellen Horoskopträger ihren Aufenthaltsort nicht wechseln und daher ihre Hilfshoroskope immer auf den Ort des Grundhoroskops zu beziehen sind?

  Ganz kompliziert erweisen sich die Verhältnisse eines internationalen Vertrages. Nach der Unterzeichnung durch die Staatsoberhäupter muss er erst von den Parlamenten der beteiligten Länder ratifiziert werden. Häufig ist danach noch eine Frist gesetzt, bis er tatsächlich in Kraft tritt. Für die Erstellung des Vertragshoroskops kommen also zumindest drei Zeitpunkte in Betracht: Unterzeichnung, Ratifizierung und tatsächliches Inkrafttreten. Bei der Ratifizierung stellt sich die Frage, ob jede einzelne oder nur die zeitlich letzte (da erst durch sie der Vertrag für alle Beteiligten verbindlich wird) astrologisch relevant ist.

  Bei Staatshoroskopen ist interessant, dass die Felderspitzen des Orts der Verfassungsausrufung für das ganze Land gelten sollen, obwohl zum gleichen Zeitpunkt an unterschiedlichen Landesorten natürlich auch unterschiedliche Felderspitzen vorherrschen. Offenbar übernimmt der Ausrufungsort die Funktion einer maßgeblichen Zentrale für das gesamte Land. Prinzipiell stellt sich diese Problematik auch beim Menschen, aus praktischen Gründen bleibt das jedoch ohne Belang: Denn glücklicherweise ist der Mensch zu klein, als dass man zwischen der geographischen Lage seiner Füße und seines Hauptes unterscheiden müsste. (Es sei denn, er wäre exakt am Nordpol geboren.)

  Obwohl die Ausrufung der Verfassung eine längere Zeitspanne benötigt, wird dennoch nur mit dem Ausrufungsbeginn als Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Staatshoroskops gerechnet. Zu einem Gesetz verallgemeinert würde das darauf hindeuten, dass Horoskop-"Einprägungen" doch immer nahezu momentan vonstatten gehen und das auch bei der menschlichen Geburt der Fall ist.

  Für eine Fülle von Untersuchungen, insbesondere da, wo es auf hohe Präzision ankommt - z.B. bei der Überprüfung der Konjunktions- und der Eckfelderhoroskope -, eignet sich besonders gut die abstrakte Horoskopklasse der sportlichen Weltrekorde. Diesen Abstrakta kommt nämlich im Vergleich zu den meisten anderen Horoskopträgern die einzigartige Eigenschaft zu, dass sowohl der Zeitpunkt ihrer "Geburt" als auch der ihres "Todes" auf Bruchteile von Sekunden genau bestimmt werden kann.

  Weitere immaterielle Horoskopträger sind Ideen, Entschlüsse und Geisteszustände jeglicher Couleur. Möglicherweise ist ihr Bezug zum Universum kein direkter, sondern läuft über die mit ihnen zusammenhängenden ("korrespondierenden") Gehirnzustände und -funktionen. Aber das ist vorerst noch offen, wie so vieles rätselhaft bleibt bei der Analyse der abstrakten Horoskopträger. Hier gilt es, noch etliche begriffliche und theoretische Arbeit zu leisten.

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Faszinierend ist die Vorstellung einer eventuellen teilweisen Bedeutungsumkehr der Konstellationen bei negativ zu bewertenden Horoskopträgern. Angenommen ein Krieg bricht aus unter der Konstellation Venus am Meridian, Jupiter im Aufgang. Heißt das, dass der Krieg besonders human und schnell zu Ende sein wird, weil Venus- und Jupiterbeeinflusste auf ihre Umwelt gar nicht katastrophal wirken können - oder ist im Gegenteil mit einem äußerst langlebigen Krieg zu rechnen, weil Jupiter und Venus ihren Träger immer fördern?

  Manche mögen einwenden, dieses Problem sei nur ein Scheinproblem und rein theoretisch, weil in der Realität unter so günstigem Einfluss niemals ein Krieg ausbrechen würde. Das trifft vielleicht zu, aber selbst dann werden zu gewissen Zeiten Jupiter und Venus immerhin als Transite wirksam sein. Auch dann wüsste man nicht, ob man theoretisch eine Verminderung oder eine Anheizung des Kriegsgeschehens erwarten soll. Es ist also die Frage, ob ein unterstützender, erfolgs- und glückverheißender astrologischer Einfluss auch negative und allgemein bedauerliche Folgen nach sich ziehen kann. Konsequenterweise dürften in diesem Fall Venus und Jupiter nicht wie bisher uneingeschränkt als Wohltäter gelten, genausowenig wie Mars, Saturn und Uranus rundweg als Übeltäter.

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Die letzte Horoskopklasse, die hier zu besprechen ist, sind die "Zyklushoroskope". Darunter sind Horoskope zu verstehen, die auf den Beginn eines kosmischen Zyklus erstellt und gewöhnlich für prognostische Zwecke genutzt werden.

  Ganz offensichtlich dienen die astronomischen Zyklen dazu (wem? den Organismen? der Erde? dem nach der Parallelitätstheorie Mensch und Kosmos gleichermaßen zugrundeliegenden Ursachenprinzip?), die Zeit einzuteilen und auf diese Weise natürliche Zeitspannen zu definieren - z.B. einen Tag, ein Jahr oder einen Monat. Wir können die Zyklushoroskope daher auch Zeithoroskope nennen. Von allen Horoskopklassen sind sie die einzigen, deren Berechnungszeitpunkt von kosmischen Faktoren abhängt, obwohl sie sich wie alle anderen auf irdische Prozesse beziehen!

  Die Gesamtheit der Zyklushoroskope zerfällt in zwei Gruppen, wovon die eine die individuumbezogenen Hilfshoroskope umfasst, die andere dagegen die kollektiven. Zur ersten Gruppe gehören das Solar, das Lunar und das Tageshoroskop, zur zweiten das Neumond- und das Quartalshoroskop. Es scheint nicht ausgeschlossen, dass sich auch die kollektiven Zyklushoroskope letztendlich als individuumbezogen erweisen. Denn ein Neumond ist für das Individuum vermutlich von keiner geringeren Bedeutung als für die Menschheit als Ganzes. Aber weil das Neumondhoroskop für jedes Individuum zum gleichen radix-unabhängigen Zeitpunkt eintritt, ist es im Gegensatz zum Solar überindividuell. Und auf diesen Sachverhalt lässt sich seine kollektive Wirkung möglicherweise zurückführen.

  Wer ist der Träger eines Zyklushoroskops, bzw. worauf bezieht sich ein Zeithoroskop genau?

  Ausgangspunkt all dieser Konstruktionen stellen kosmische Phänomene dar, die sich nach mehr oder weniger regelmäßigen Zeitabständen wiederholen. Kaum anzunehmen ist, dass das Neumondhoroskop das Horoskop des Neumonds ist, da es ja dann dessen Schicksal und Charakter anzeigen müsste, was absurd ist. Worauf aber sonst beziehen sich die Zeithoroskope? Gemäß der herrschenden astrologischen Praxis vermutlich auf die Gesamtheit der innerhalb einer Zyklusperiode stattfindenden individuellen oder kollektiven irdischen Prozesse.

  Wie kann man die Gültigkeit von Zeithoroskopen, die Relevanz von Zyklen verstehen?

  Der einfachste Gedanke wäre, dass individuelle Horoskopträger sich auf den Augenblick des Neumonds, des Quartals oder des Sonnen- Sonnen-Transits (beim Solar) einstimmen und diese Einstimmung bis zur Wiederholung des qualitativ gleichen Vorgangs beibehalten. Dann wird sie "gelöscht" und eine neue übernommen. Die Problematik zeigt sich, wenn man auch nichtlebendige oder gar immaterielle Horoskopträger annimmt - denn wie sollten diese sich Jahr für Jahr neu auf die Gestirnsstellungen einstimmen können?

  Nach einer anderen astrologischen These ist die Zeit nicht "leer", sondern angefüllt mit Ereignistendenzen ("Virtuellen Ereignissen"), die ein universelles formales Muster, nach dem sich die verschiedensten Prozesse ausrichten, darstellen. Die durch die Ereignistendenzen definierte "Qualität der Zeit" (und des Raumes!) variiert von Ort zu Ort und von Moment zu Moment. Ereignistendenzen wirken möglicherweise auf der Basis von Wahrscheinlichkeitsfeldern, wie man sie ähnlich schon in der Quantenmechanik kennt.

  Dies alles könnte nicht nur auf Zeitpunkte, sondern auch auf natürliche ("kosmisch anerkannte") Zeitspannen zutreffen. Der quantitative Aspekt einer natürlichen Zeitspanne wäre durch Ablauf und Vollendung eines astrologisch relevanten Zyklus symbolisiert, der qualitative Aspekt käme dagegen in den Konstellationen, die zu Beginn einer Periode herrschen, zum Ausdruck.

  Auch diese Idee hat ihre Probleme. Denn die verschiedenen Zyklen -z.B. einerseits der Quartale, andererseits des Neumonds, aber auch einerseits der Solare, andererseits der Lunare - fügen sich ja nicht sauber zusammen, sondern überlappen sich unregelmäßig, und das häufig auch noch mit unterschiedlichen Konstellationen. Das ergäbe ein phantastisches Bild der Zeittendenzen als eines chaotischen, ineinander verschlungenen organischen Durcheinanders. Wie einzelne einfache Zeithoroskope wie das Solar dennoch oft eine markante Prägnanz aufweisen, ist aus dieser Sicht schwer verständlich. Das gilt besonders, wenn man annimmt, dass die verschiedenen Einflüsse der vielen Zyklen miteinander konkurrieren, da sie sich dann die meiste Zeit gegenseitig neutralisieren müssten.

  Es sei denn, dass doch nur sehr wenige dieser Zyklen uneingeschränkt astrologisch wirksam wären!? Wären das für den Einzelmenschen vielleicht doch nur die ganz eng am Radix orientierten Hilfshoroskope wie Solar, Lunar, vielleicht noch die Revolutionen und ihre Felderentsprechungen?

  Es ist jedoch auch vorstellbar, dass z.B. ein Solar nicht die Tendenzen jedes Augenblicks eines Jahres bestimmt, sondern nur das Jahr als Ganzes charakterisiert. Dann wäre z.B. das Lunar kein Konkurrent! Denn es würde den kürzeren Zeitraum eines Monats charakterisieren und dieser kann durchaus von ganz anderer Qualität sein als der größere Zeitraum. Das ist unproblematisch. Das Problem beginnt erst, wenn man sich vorstellt, dass fünfzehn Lunare (ein Jahr umfasst bis zu fünfzehn tropische Monate) hintereinander eine ganz andere Qualität als das Solar aufweisen. Denn die wichtigsten Tendenzen und Geschehen des Jahres -welche im Solar dargestellt sind - sollten doch wohl auch die wichtigsten Tendenzen und Geschehen irgendeines seiner fünfzehn tropischen Monate sein und daher in zumindest einem Lunar abgebildet sein. Außer es handelt sich um dermaßen langfristige und subtile Prozesse, dass sie von keinem einzelnen Lunar erfasst werden können.

  Außerdem stellt sich bei dieser Anschauung die Frage, wie der Beginn einer Zeitspanne diese schon als Ganzes charakterisieren kann? Dies würde doch voraussetzen, dass schon zu Anfang eines Zyklus, ja möglicherweise jedes Horoskopträgers dessen Ende und der qualitative Verlauf der Ereignisse bekannt (wem?) sein müssten! Was würde dann aber aus der menschlichen Willensfreiheit? Eine Chimäre? Oder handelt es sich auch hier bloß um Tendenzen und Wahrscheinlichkeiten?

  Die Zyklushoroskope und die übrigen Horoskoparten lassen sich abstrakt vereinheitlichen. Denn auch durch irdische Ereignisse, Prozesse und (die Lebensdauer der) Dinge werden Zeitpunkte und -spannen definiert. Man kann daher sagen, dass sich alle Horoskoparten auf Prozesse innerhalb einer bestimmten Zeiteinheit beziehen.

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Die wesentlichen Elemente des Gesamtspektrums der astrologischen Phänomene haben wir jetzt besprochen. Wenn die Forschung einmal weiter sein wird, wird sich vielleicht herausstellen, dass für verschiedene Bereiche der Astrologie verschiedene Erklärungen nötig sind; oder dass die Gültigkeit des einen Gebiets von der eines anderen abhängt bzw. aus ihr zwingend folgt, so dass ein Gebiet grundlegender als das andere ist. Es könnte sich aber auch zeigen, dass alle besprochenen, teilweise so verschiedenen Erde-Kosmos-Beziehungen gleichberechtigt auf ein und demselben Wirkprinzip beruhen.
Wir wir gesehen haben, erstellt die Klassische Astrologie Horoskope für die verschiedensten Dinge. Naheliegend ist daher die Frage, ob es auch irdische Dinge, Verhältnisse und Prozesse gibt, die nicht mit den astrologischen Rhythmen parallel laufen - für die es also sinnlos wäre, ein Horoskop zu berechnen?

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Copyright 1993 Werner Spat und Verlag Die Blaue Eule. Alle Rechte vorbehalten.

Erste Veröffentlichung im Internet: 10.8.2009
Stand: 10.8.2009

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